[KH-alt] Kapitel 11 – Engel sind auch nur Dämonen

Kaum hatte Kurama den Zustand seines Sohnes einordnen können, war dieser auch schon verschwunden – und tauchte hinter dem Schützen wieder auf. Der junge Banditenanführer zeigte noch immer ein fieses Grinsen und er fand es offenbar amüsant, was mit dem Jungen passiert war.

Das dieser nun hinter ihm stand, war ihm jedoch entgangen und er verschwendete offenbar auch keinen Gedanken daran, dass ER das Ziel des Kindes werden könnte – zumindest, bis er unter Schmerzen auf die Knie sank, weil sich eine Klinge in seine Kniekehle bohrte.
„Kakashi, Asuma! Kommt sofort zu mir!“, rief der Fuchs den Männern entgegen und diese folgten dem Befehl – wenn auch widerwillig. Immerhin mussten sie Kin beschützen und dieser griff gerade selbst in den Kampf ein. Andererseits war Kakashi verletzt und musste dringend versorgt werden, denn sein Blut sickerte unaufhörlich aus der Wunde.
Beim Fuchs angekommen griff Asuma sofort nach seiner Tasche und nahm diese vom Rücken, um darin nach Verbandszeug zu suchen, welches er auch schnell fand. Kakashis Augen waren geschockt auf Kin gerichtet, welcher den Bogenschützen in seinem Wutanfall regelrecht massakrierte. Die anderen Banditen trauten sich nicht die Nähe des kleinen Wesens, welches trotz geringer Größe und Alters bereits zu solch einem Blutbad fähig war. Regungslos standen sie da und hatten sich bisher keinen Millimeter gerührt. Sie waren unfähig sich zu bewegen, vor Angst wie gelähmt. Nach einigen Momenten – den unfreiwilligen Zuschauern kam es wie Stunden vor – in denen Kin sein Opfer brutal zerlegt hatte, wandte er sich den anderen Banditen zu und suchte sich sein nächstes Opfer.
„Was steht ihr hier noch rum? Seht zu, dass ihr verschwindet!“, rief Kurama den Banditen zu, doch es half nichts. Ihre Schockstarre verhinderte jegliche Reaktion.
Ein deutlich schmerzverzerrter Schrei verließ Kakashi Kehle, als Asuma ihm den Pfeil aus dem Arm zog. Schwer atmend kniete er neben seinem Freund am Boden und ließ sich einen Verband anlegen. Kurama  schaute Asuma kurz zu und bat den Mann darum, möglichst alles Blut zu entfernen, was er auf Kakashis Arm finden konnte. Darauf positionierte sich der Fuchs zwischen den Ninja und Kin.
Vier weitere Banditen waren bereits zum Opfer von Kins Zustand geworden, da lösten sich langsam die anderen Männer aus ihrer Starre und ergriffen die Flucht, welche den Meisten auch gelang. Doch auch hierbei gab es noch einige weitere Opfer. Nun waren Kurama und die Jonin allein mit Kin, welcher einige Meter vor dem Kyuubi stand und diesen mit seinen Augen fixierte. Nicht die kleinste Gefühlsregung war an dem Jungen zu erkennen.

Kins blick hatte etwas bedrohliches, jedoch schien es auch, als wäre der Junge gar nicht da. Er schien abwesend und fremdgesteuert.
„Kurama, was ist mit Kin?“, wollte Kakashi unter schmerzen wissen und starrte an dem Fuchs vorbei zu dem kleinen Jungen, der eindeutig nicht er selbst war.
„Kin ist durch deine Verletzung in einen Blutrausch gefallen und hat keine Kontrolle mehr über sich. Haltet euch also fern von ihm, solang er sich nicht beruhigt hat! Euch würde er in diesem Zustand ebenfalls töten.“, erklärte der Fuchs mit einer gefassten und konzentrierten Miene, während die Männer eher fassungslos hinter ihm hockten.
„Eins noch! Egal was ich gleich tue, egal wie brutal ich vielleicht gleich mit ihm umgehen muss, um ihn zu bändigen: Mischt euch auf keinen Fall ein!“, befahl der Fuchs und ging in einer lauernden Haltung auf den Jungen zu. Der kleine Dämon hatte sofort bemerkt, das sein neuer Gegner anders war, als seine bisherigen Opfer und bewegte sich ähnlich lauernd.
Einige Male umkreisten sich die beiden Dämonen und knurrten sich gegenseitig auf eine Art an, die so extrem bösartig klang – sogar bei dem kleinen Kin – das beide Ninja zunächst eine Gänsehaut bekamen und ihnen schließlich die Kälte sogar bis in die Knochen krabbelte. Die Jonin hatten schon einiges erlebt und überlebt, doch weder Kakashi noch Asuma konnte sich an eine Situation erinnern, in der sie ein derart hohes Maß an Angst verspürt hatten. Sogar die beste Selbstkontrolle versagte in diesem Moment  und man konnte beiden Männern ihr Furcht deutlich ansehen.
Das gegenseitige um lauern schien ein Ende gefunden zu haben.
Auch wenn Kurama im Moment größer war als Kin, zog er es doch vor auszuweichen. Vor Kins Klingen hatte der Fuchs enormen Respekt. Es gab nicht viel, was einen Dämonen von seinem Rang ernsthaft verletzen konnte, aber Dämonenklingen, welche aus dem Körper wuchsen, waren immer ein Grund zur Besorgnis. Seine Größe hatte Kurama daher angepasst und war nun etwa dreimal so groß wie Kin – was den Jungen jedoch nicht im geringsten interessierte.
Einige weitere Male sprang Kin auf den Fuchs zu und versuchte diesen zu treffen, doch weichte Kyuubi den Angriffen seines Sohnes aus. Schließlich machte er einen Fehler. Er wich seinem Sohn ein weiteres Mal aus, jedoch achtete er nicht darauf, wo er gestanden hatte, so dass Kin nun genau auf Kakashi und Asuma zuhielt, welche mit der dämonischen Schnelligkeit nicht viel anfangen konnten. Ausweichen war den Männern daher nicht möglich.

Noch bevor der Dämonenjunge einen von ihnen Treffen konnte stand Kurama schützend vor ihnen und fing die Klingen mit seinem Körper ab. Der Geruch von Kuramas Blut schien den Jungen nun zu verwirren und er wich einige Meter zurück. Zitternd sank Kin auf seine Knie und betrachtete seine Hände, aus welchen blutbefleckte Klingen herausragten. Schwer atmend griff er sich mit beiden Händen an den Kopf und fing an zu schreien.
So lang, wie er konnte…
…und so laut wie, er konnte.
Tränen stiegen ihm in die Augen und suchten vereinzelt ihren Weg über die Wangen. Ein weiteres Mal fing Kin an zu schreien und erneut konnte man eine Veränderung an dem Jungen erkennen. Jedoch veränderte er sich nicht zurück. Nein, etwas anderes und ungewöhnliches zeigte sich.
Etwas, das sogar Kurama überraschte.
Auf Kins Rücken wuchsen Flügel!
Schneeweiße Flügel mit einem glitzernden Schimmer, welcher den Schwingen einen silbernen Glanz verlieh. Nach wenigen Sekunden hatte die Flügel eine Spannweite erreicht, welche mehr als doppelt so lang war, wie Kin groß – und das für jeden Flügel einzeln gesehen. Größer schienen sie nicht zu werden.
Kurama humpelt auf seinen Sohn zu und redete beruhigend auf den kleinen Dämonen ein, welcher noch immer zitternd am Boden kniete. Kin schien sich auch wirklich zu beruhigen und seine Klingen verschwanden wieder in den Unterarmen, was der Junge mit einigem Erstaunen beobachtete. Sein Blick viel anschließend auf Kakashi und es sah seinen Vater traurig und flehend an. Mehr und mehr Tränen bahnten sich ihren Weg über sein Gesicht.

Auch wenn die Ninja fühlen konnten, das von dem Jungen keine Bedrohung mehr ausging, warteten sie doch lieber ab, bis Kurama ihnen sein Einverständnis gab. Sicher ist sicher. Nach einigen Minuten, in welchen Kurama seinen Sohn noch etwas beobachtete und weiter beruhigte, gab er den Männern die Erlaubnis sich zu nähern. Er selbst legte sich neben Kin auf den Boden und versuchte sich seine Schmerzen nicht anmerken zu lassen. Der Junge war von seinem Blutrausch bereits genug traumatisiert, da wollte er es nicht noch schlimmer machen.
Vorsichtig traten die Männer näher an den Jungen heran. Der Sarutobi erhaschte dabei einen Blick auf Kuramas Verletzung, welcher Kin von seinem Blickwinkel aus nicht sehen konnte. Kakashi hatte sich zu seinem Sohn gekniet und umarmte ihn mit dem unverletzten Arm. Sehen konnte Kin im Moment nichts, denn er hatte sein Gesicht in Kakashis Weste vergraben und weinte.
Kurz ging Asuma zurück an die Stelle, wo er seinen Rucksack liegen gelassen hatte, um diesen zu holen. Die Verletzung des Fuchses musste ebenfalls behandelt werden, da der Dämon doch einiges an Blut verlor. So schnell war selbst die dämonische Regeneration nicht.
„Was genau ist da jetzt passiert?“, wollte Asuma vom Fuchs wissen und erhoffte sich dadurch auch, das er den Fuchs von der Verletzung ablenkte. Nach einem kurzen Blick auf die Wunde, suchte sich der Mann aus der Tasche, was er benötigte und begann damit, den Fuchs zu verarzten.
Mit überraschend ruhiger Stimme begann Kurama zu erklären:
„Wie gesagt: Durch Kakashis Verletzung ist Kin in einen Blutrausch gefallen. In diesem Zustand übernehmen die Instinkte die Kontrolle. Dies ist eine Art Schutzmechanismus, welcher bei allen Tierdämonen auftreten kann.“ Zum Ende des Satzes hin wurde Kuramas Stimme leicht verzerrt und man konnte deutliche Schmerzen heraushören.
Einige Male atmete der Kyuubi tief durch und versuchte das schmerzende Gefühl wieder aus seinem Verstand zu verbannen, eher er weitersprach: „Die auslösenden Faktoren sind durch Kins junges Alter zum einen der Selbstschutz, wie auch Angriffe auf sein Leittier. Letzteres wäre allerdings ich, als sein Dämonenvater. Das er auch durch Kakashi in den Blutrausch geraten kann, sollte eigentlich nicht möglich sein.“ Ein seufzen war von Kurama zu vernehmen und dann hängte er Fuchs noch einige Worte an seine Aussage dran: „Aber offenbar ist bei Kin so einiges möglich, was normalerweise nicht sein sollte.“
„Wie ist das jetzt gemeint?“, wollte Kakashi kurz darauf wissen und zuckte als ein starker Schmerz durch seinem Arm zog. Kins linker Flügel war gegen seinen verletzten Arm gestoßen.
„Kin ist ein Engel.“, antwortete der Fuchs knapp und zwei deutlich verwirrte Blicke wanderten zwischen Kin, seinen Flügeln und dem Fuchsdämonen umher.
Während Kakashi einfach nur da saß und seinen kleinen Ziehsohn betrachtete, hatte Asuma seine notdürftige Behandlung beim Fuchs beendet. Beide Männer wussten nicht, wie sie diese Information verarbeiten sollten.
Schließlich fragte Kakashi eine in Kuramas Augen äußerst dämlich Frage, denn immerhin hatte er den Männer bereits einiges über Dämonen berichtet: „Wie kann er ein Engel sein, wenn er doch ein Dämon ist?“
„Tja…“, begann der Fuchs und musste trotz schmerzen sogar etwas kichern. „Engel sind halt auch nur Dämonen.“
Ein äußerst Geistreiches „A ha.“ war von beiden Männern zu hören und es schienen, als wären sie mit dieser Information überfordert. Die Welt und die Arten der Dämonen waren kein einfaches Thema und Kurama könnte Jahre damit verbringen, den Menschen von den Dämonen zu erzählen und würde dennoch nicht alles berichtet haben.
„Habt ihr auf sein Chakra geachtet?“, fragte der Fuchs darauf die beiden Männer, worauf diese leicht den Kopf schüttelten. Sie waren von Kins Blutrausch viel zu abgelenkt gewesen.
„Es hat eine positive Kraftausrichtung. Das ist sehr selten und für uns von Vorteil.“, deutete der Fuchs an und machte darauf jedoch keine Anstalten weiter zu sprechen.
„In wie fern von Vorteil, Kurama? Erzähl schon.“, bat der Hatake und streichelte den kleinem Jungen in seinem Hand über den Rücken. Kin war vor Erschöpfung eingeschlafen und bekam das Gespräch der Erwachsenen nicht mehr mit.
Der Fuchs warf Kakashi einen nichtssagenden Blick zu. „Hier kommt uns jetzt die Dummheit der Menschen zu gute.“, deutete er an und ein breites Grinsen zeigte sich bei dem Fuchs. Kurama liebte es einfach, die Menschen mit ihrem dummen Verhalten aufzuziehen.
Nach einem kichern begann der Fuchs mit seiner Erklärung:
„Für euch sind Engel keine Dämonen und seine positive Aura passt auch eher in das Bild eines gutmütigen Wesens. Selbst wenn er seine Engelskraft und seine Flügel im Dorf zeigt, würde nie jemand darauf kommen, das Kin ein Dämon ist. Für die Menschen ist er ein Engel und da es keine genauen Informationen über Engel gibt, kann auch niemand behaupten etwas an Kin sei falsch. Wir müssen nur verhindern, das sich ein weiterer Blutrausch zeigt, denn davor hätten die Dorfbewohner dann doch Angst.“

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